Perseiden, Geminiden, Leoniden |
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Die Tauriden |
EinführungDie Tauriden sind nicht der bekannteste, aber der vielleicht interessanteste der jährlich auftretenden Meteorströme. Genau genommen handelt es sich um zwei Meteorströme (Nördliche und südliche Tauriden), deren Radianten dicht zusammenliegen. Beide sind von etwa Mitte September bis Anfang Dezember aktiv, wobei das mehrere Tage anhaltende kombinierte Maximum mit einer ZHR von etwa 8 um den 7. November erreicht wird. Zu diesem Zeitpunkt befinden sich die beiden Radianten im Sternbild Stier (Taurus). Da dieses während der gesamten Nacht über dem Horizont steht, können die Tauriden im Unterschied zu anderen Meteorströmen bereits nach Ende der Abenddämmerung hervorragend beobachtet werden. Trotz der geringen ZHR erregen sie ab und an auch in einer breiteren Öffentlichkeit Aufsehen, da sie extrem helle (z.T. heller als der Vollmond) Feuerkugeln hervorbringen können. Diese machen allerdings in den meisten Jahren nur etwa 1% aller Tauriden-Meteore aus. Daneben gibt es aber auch Jahre, in denen die Erde durch dichtere Teile des südlichen Meteorstroms geht. In solche "Schwarmjahren", welche sich durch ein Modell voraussagen lassen, ist die ZHR auf etwa 17 erhöht und der Anteil an Feuerkugeln steigt auf gut 4%. 2005, 2015 und 2022 waren solche Schwarmjahre, in denen zahlreiche eindrucksvolle Tauriden-Meteore auftraten. Eine ähnlich hohe Aktivität ist erst in den Jahren 2025 und 2032 wieder zu erwarten. Das erhöhte Aufkommen heller Feuerkugeln konzentriert sich jeweils etwa auf den Zeitraum 28. Oktober bis 11. November. Lage des Tauriden-Radianten. Quelle: NASA
Bereits 1940 wurde der bekannte Komet 2P/Encke als Ursprungkörper der Tauriden identifiziert. Für die Zweiteilung des Stroms und dessen breite Ausdehnung sind die gravitativen Einflüsse der Planeten, insbesondere des Jupiters, verantwortlich. Die Bahnebene der Tauriden ist nur etwa um 5 Grad gegen die Erdbahnebene geneigt. Daraus resultiert die lange Verweildauer der Erde innerhalb des Stroms, dessen sonnennächster Bahnpunkt weit innerhalb der Erdbahn in etwa 60 Millionen Kilometern Abstand von der Sonne liegt. Die Meteore, welche wir im Herbst als Tauriden sehen, befinden sich auf dem Weg Richtung Sonne. Den von der Sonne wegführenden Teil Ihrer Bahnen passiert die Erde von Mitte Mai bis Mitte Juli. Da die Meteore in dieser Zeit aus Richtung der Sonne kommen, sind sie am Nachthimmel nicht sichtbar, können aber tagsüber an Hand ihrer Radarechos registriert werden. Die beiden Teilströme werden zu dieser Jahreszeit nach ihren Radianten als Beta Tauriden und Zeta Perseiden bezeichnet. Komet 2P/Encke mit Dust Trails (diagonal), welche zumindest einen Teil der beobachteten Tauriden-Meteore hervorbringen dürften. Aufgenommen im infraroten Licht mit dem Spitzer Space Telescope. Quelle: NASA/JPL-Caltech/M. Kelley (Univ. of Minnesota
Intensive Forschungsarbeiten haben in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass die für uns am Nachthimmel sichtbaren Tauriden tatsächlich nur die ein kleiner Teil eines viel umfangreicheren Systems interplanetarer Materie darstellen, welches als Tauriden-Komplex bezeichnet wird. Dazu gehören neben den zahlreichen Filamenten des Meteorstroms und Komet 2P/Encke zahlreiche Asteroiden. Deren Bahnen lassen vermuten, dass es sich um inaktive oder vollständig ausgegaste Kometenkerne handelt, welche aber durchaus in der Vergangenheit Beiträge zum Tauriden-Strom geliefert haben können. Nach einer weithin akzeptierten Theorie ist der gesamte Komplex aus einem sehr großen Ursprungkometen von deutlich mehr als 10 km Durchmesser entstanden, welcher vor 20000 oder mehr Jahren existiert hat. Daraus sind dann durch ein katastrophales Event oder - wahrscheinlicher - kaskadierenden und bis heute anhaltenden Zerfall Trümmerstücke von submikroskopischer Größe bis hin zum etwa 4.8 km durchmessenden Kometen Encke entstanden. Letzterer ist demnach nicht ein klassischer Mutterkomet eines Meteorstroms, sondern selber Bestandteil dieses Stroms. Eine neue Arbeit stellt dieses Szenario allerdings in Frage, denn die Autoren konnten an Hand von Computermodellen zeigen, dass 2P/Encke durchaus als alleiniger Usprungskörper des gesamten Tauriden-Komplexes in Frage kommt. |
Geschichte der TauridenAuswertung historischer Quellen belegen, dass helle Tauriden-Meteore bereits im Altertum und im Mittelalter beobachet worden waren. Insbesondere im 11. Jahrhundert scheinen die Tauriden sehr aktiv gewesen zu sein. Als Meteorströme erkannt wurden sie im Jahr 1869 durch Giuseppe Zezioni (Nördliche Tauriden) und T.W. Backhouse (Südliche Tauriden). Obwohl in den folgenden Jahrzehnten immer wieder Beobachtungen erfolgten, wurden sie erst 1918 (Alphonso King, Nördliche Tauriden) bzw. 1920 (William F. Denning, Südliche Tauriden) als jährlich wiederkehrende Schauer identifiziert. Erste Seite des 1918 erschienenen Artikels, in welchem Alphoso King die Tauriden als jährlichen Meteorschauer erkennt.
Die lange Dauer und die schwach ausgeprägten Maxima beider Teilschauer erschwerten ihre Erforschung. Im Jahr 1940 entdeckte Fred Whipple die Beziehung zum Kometen 2P/Encke, 1951 Mary Almond auf Grund der Auswertung von Radarechos den Zusammenhang mit den im Juni bei Tageslicht auftretenden Beta Tauriden. Die heutige Kenntnis über den gesamten Tauriden-Komplex beruht neben fotografischen Auswertungen zu einem beträchtlichen Teil auf Radarbeobachtungen. In den letzten Jahrzehnten wurden einige erdnahe Asteroiden als Bestandteile des Tauriden-Komplexes identifiziert. Asher & Clube sagten 1993 das Auftreten von "Tauridenschwarm-Jahren" voraus, welches in der Folge durch Auswertung von Beobachtungen bestätigt wurde. |
Die Tauriden 2015Wie einleitend erwähnt, war 2015 wie zuvor 2005 ein Tauridenschwarm-Jahr. Wurde dies 2005 erst Anfang November wirklich publik, so wurde die Aufmerksamkeit 2015 durch eine sehr helle Feuerkugel ("Halloween-Bolide") über dem östlichen Mitteleuropa bereits am 31. Oktober auf das Geschehen gelenkt, nur einen Tag nach Beginn der verstärkten Feuerkugelaktivität. Diese hielt bis zum 10. November 2015 an und wurde weltweit sehr gut dokumentiert. Dabei stammten viele Berichte von Gelegenheits- und Zufallsbeobachtern und waren entsprechend oft sehr vage und zum Teil mit unrealistisch hohen Helligkeitsschätzungen behaftet. Um einen Überblick über die generelle Feuerkugel-Aktivität zu erhalten, sind aber auch solche Meldungen durchaus wertvoll. Alle zumindest halbwegs "brauchbaren" Meldungen aus Mitteleuropa (Deutschland, Österreich, Schweiz) haben wir in einer Übersichtstabelle zusammengestellt. Dass im Zeitraum 30.10. - 10.11.2015 tatsächlich ungewöhnlich viele helle Meteore auftraten, wird aus einer Gesamtübersicht der American Meteor Society deutlich. |
Die Tauriden 2022
2022 war wiederum ein Schwarmjahr der Tauriden, in dem im Zeitraum 28. Oktober bis 11. November mit dem Auftreten zahlreicher, bisweilen sehr heller Feuerkugeln zu rechnen war. Dabei wurde eine den Jahren 2005 und 2015 vergleichbare Größenordnung erwartet. |
Die Tauriden 2023In 2023 ist wieder mit normaler Tauridenaktivität zu rechnen. Gegenüber dem Schwarmjahr 2022 wird die ZHR immerhin etwa halb so hoch sein (ZHR 8 statt 17), die Zahl der Feuerkugeln aber um einen Faktor 8 bis 10 niedriger. Damit sind die Tauriden 2023 eher ein Fall für spezialisierte Meteorbeobachter. Diese werden sich freilich erst gegen Ende der ersten Novemberdekade eines in großen Teilen der Nacht mondlosen Himmels erfreuen können. |
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